Meine erste Liebe galt einer Nonne. Ich war sechs Jahre alt und wenn ich in den Sommerferien bei meiner Großmutter war, stand da immer eine große Flasche Klosterfrau Melissengeist. Oma rieb sich mehrmals täglich die Ellenbogen damit ein. Auf dem Etikett waren drei schlanke Frauen abgebildet, die lange, blaue Kutten trugen und beseelt lächelten. In die Kleinste war ich verliebt. Ich identifizierte sie aber überhaupt nicht als Nonne. Ich hielt sie für ein Kind, das gerade von seiner Mutter und einer Tante, die zufällig zu Besuch war (an eine gleichgeschlechtliche Elternschaft dachte ich damals noch nicht), gebadet worden war, und anschließend noch ein bisschen im Schlafanzug herumtollen durfte, so wie ich und meine Brüder Samstags immer.
Mit Mönchen könnte das nicht passieren. Wenn ein Produkt mit einem Mönch wirbt, ist der immer sofort als solcher zu erkennen. Überhaupt sind Mönche in der Werbung viel präsenter als Nonnen, und das, obwohl es im echten Leben in Deutschland etwa 29.000 Nonnen gibt und nur knapp 6000 Mönche (Tendenz jeweils sinkend). Werbe-Mönche sind zu Dickleibigkeit neigende Genussmenschen, die gerade Schnaps, Bier oder Käse herstellen oder zu sich nehmen oder beides. Da wird nicht gefastet, sondern dem Laster gefrönt. Werbe-Mönche verstehen es, ohne schlechtes Gewissen zu sündigen, ihnen scheint das leibliche Wohl stets näher zu sein als der liebe Gott. Deshalb heißen Gasthäuser oft Mönchshof oder Zum Mönch und servieren, wenn sie sich mittelalterlich geben, Mönchstöpfchen, Mönchsteller und Mönchsbraten. Aber haben Sie auf einer Speisekarte schon mal einen Nonnenteller gesehen? Oder Nonnenfleisch? Ein Nonnensüppchen? Wenn Nonnen werben, dann für Vollkorngerichte, Kräuter und Tinkturen, die nicht schmecken, sondern gesund sind. Nicht mal jetzt, wo alles bio und vegan ist, käme jemand auf die Idee, sein Wirtshaus Die fröhliche Nonne zu nennen. Ich würde reingehen. In der Hoffnung, dass dort das kleine Nonnenmädchen servieren würde.